Hovawarte jagen nicht!
Pustekuchen…!
Wenn Ihr mit durchaus informierten Hundemenschen über die Rasse Hovawart sprecht, werdet Ihr immer wieder hören, dass die ja nicht jagen und stattdessen viel lieber vor dem Haus liegen und darauf aufpassen. Es mag sein, dass die Zuchtgenetik so sein sollte. Der Hovawart ist eine Gebrauchshunderasse. Der RZV ist aber seit Jahren bestrebt, einen sportlichen Gebrauchshund zu züchten. Es wird entsprechend großer Wert auf Nervenstärke, Gesundheit und auf ein ausgeprägtes Beuteverhalten gelegt.
Und genau da liegt der Hund begraben!
Der Hovawart hat alles was er zu einem hervorragenden Jäger benötigt. Er hat eine perfekte Nase, die alles findet. Er hat einen je nach Zucht sehr hohen Beutetrieb, um alles haben zu wollen und nicht zuletzt die sportliche Dynamik, alles auch bekommen zu können.
Wenn Ihr tief in der Pampa wohnt und der Weg zum nächsten Supermarkt oft zu weit ist, mag das sehr von Vorteil sein. In der hierzulande oft vorkommenden, üblichen Wohngegend ist ein jagender Hund aber eher ungünstig. Solltet Ihr dann noch in der Nähe eines Jagdrevieres wohnen, juckt es manchem Jäger, dem ein Ende zu bereiten.
Ein jagender Hovawart war nie, und wird nie sinnvoll sein!!!
Spätestens der B-Wurf zeigt, dass die Pohlseer alles mitbringen um mit dem Jagen Probleme zu bekommen. Sie haben die Willensstärke, die Dynamik und nicht zuletzt den Beutetrieb, der besser vom Jagen weg in die richtige Richtung gelenkt werden sollte.
Es fängt meist ganz harmlos an… Püppi liegt im Garten und hüpft fröhlich-frech hinter einen Vogel her. Ich sehe Euch in diesem Augenblick lächeln und kann Euch “wie niedlich” rufen hören. “Den Vogel bekommt er ja nicht, lass ihn doch!”, ist dann eine durchaus übliche Reaktion. Recht habt Ihr, Euer Hund lernt, dass er einen Vogel niemals erreichen kann. “Der Nachbar hat aber eine Katze, die nicht so einfach nach oben weg kann”, wird sich Euer Püppi als nächstes denken. Dummerweise können die aber schwupps über hohe Zäune und auf Bäume springen. Euer Hovi lernt wieder! Katzen sind schwer zu erreichen. Ein weiteres Problem ist nur, dass Euer kleines Püppi sehr schnell, sehr stattlich wird und viele, viele Möglichkeiten bekommt. Ein Hovawart ist sehr schnell. Ein Hovi hat den Willen, etwas haben zu wollen, und die Nerven, es in jedem Falle zu versuchen. Hasen und Rehe sind da super Übungsobjekte. Doch was ist zu tun?
[notice]Hunde sind Raubtiere und Raubtiere jagen!
Jede Hunderasse tut das, die einen etwas mehr, die anderen etwas weniger.[/notice]
Jeder junge Hund übt das Jagen, weil es in seinen Genen steckt. Es ist daher nur clever, den Jagdtrieb auf lebende Beute sehr früh zu unterbrechen und auf Dinge wie Spielzeug und Beißwurst umzulenken. Den Trieb auf lebende, wegrennende Objekte stumpf zu blocken ohne eine Ersatzbefriedigung anzubieten, ist nicht dauerhaft von Erfolg gekrönt. Wichtig ist nur, dass das Hetzen von Tieren in jedem Falle abgebrochen wird, ohne wenn und aber! Die Umlenkung auf spielerische Beute hat u.a. den Grund, dass Euer Hovi nicht aus den Ohren qualmt, weil er nicht weiß, wohin mit seiner Energie. Ein weiterer, unfassbarer Vorteil ist die Bindung, die Ihr durch das gemeinsame Erleben aufbaut. Alle, die Hundesport ausüben wissen, wie vorteilhaft das ist.
Eine weitläufige Meinung ist es, dass der Welpe Dinge ausprobieren soll, um seine Erfahrungen zu machen. Dem pflichte ich nahezu vollständig bei. Jagen ist aber etwas, von dem jeder Hovawartbesitzer von Anfang an weiß, dass es zu rein gar nichts gut ist. Auf der Hatz wird er sich u.U. die Beine brechen, weil er nicht mehr schaut, wo er hinläuft. Er wird vom Jäger erschossen oder vom Auto erfasst, weil die Katze über die Straße gelaufen ist.
Gerade in der momentan in Gang kommenden Natur macht das Spazierengehen mit einem jagdpassionierten Hund absolut keinen Spaß. Die Alternativen sind im noch netten Falle eine dauerhafte Schleppleine und im unschönen Falle Starkzwanghilfmittel, die am Halsband hängen. So oder so, ist ein Laufen mit jagdnervösen Hunden niemals entspannend oder erholsam, weil Ihr immer hoffen müsst, dass auf der nächsten Wiese keine Rehe stehen.
[important]Nur damit Ihr mich jetzt nicht falsch versteht…
Der Hovawart im Allgemeinen und ein Pohlseer im Besonderen ist KEIN klassischer Jagdhund, der permanent auf der Suche ist. Je nach Temperament wird er aber jede ihm gebotene Möglichkeit nutzen, um seinen Beutetrieb zu befriedigen! Den Spaß am Pohlseer muss das aber nicht nehmen. Ganz im Gegenteil. In die richtigen Bahnen gelenkt ist das sensationell![/important]
Mein Lösungsansatz für Euch…
Brecht bereits im Welpenalter jegliche Hatz nach lebenden Beutetieren ab und kanalisiert den vorhandenen Trieb auf das gemeinsame Beutespiel mit Euch. Das ist für beide Seiten eine Win-Win-Situation. Bleibt am Ball, weil Euer Hovi es in seiner Entwicklung immer wieder wissen will, ob das Jagdverbot noch gilt. Die Mittel der Wahl um das Jagen eines Welpen zu unterbinden sind harmlos. Wollt Ihr aber einem (fast) erwachsenen Hund erklären, dass Jagen blöd ist, reicht ein einfaches NEIN eher nicht mehr aus!
Wenn Euch die Erfahrung mit dem Thema Antijagd fehlt, sucht Euch einen Trainer, der Euch dabei unterstützt. Es gibt kaum etwas Schöneres, als mit Eurem Hovi entspannt durch den Wald laufen zu können.
Mein abschließender Tipp für alle künftigen C-Pohlsee-Besitzer: Seid für das Thema “Jagdbereiter Hund” sensibilisiert. Wer von Anfang an darauf achtet, gewöhnt es dem Hund fast nebenbei ab. Lasst Ihr es laufen, wird es anstrengend!
Unser Alvin ist das Paradebeispiel für einen trieblich sehr starken, an der Hatz interessierten Hund. Alles von Anfang an in die richtigen Bahnen gelenkt, sieht eine Begegnung mit Rehen dann so aus, wie Ihr es im Video sehen könnt. Außer einer Schleppleine zur Absicherung wurden im Training keinerlei Hilfsmittel verwendet. Auch flüchtende Tiere, werden nur beobachtet. Bringt also auch Eurem Pohlseer bei, dass es sich lohnt auf die Alternative zu warten. Ihr wisst ja…
[important]…nur gucken, nicht anfassen!!![/important]
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Hier geht es zum Video!!! (1:20 min. / Format: MP4 / Dateigröße 21 MB)
Einen Player könnt Ihr ggf. hier downloaden.
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Fachbücher sprechen in diesem Falle von “selbstbelohnendem Verhalten”.
Vielen Dank Ellen, wieder ein weiterer Grund für rechtzeitiges Training.
Und richtig lustig wird es, wenn es dem Hovawart überhaupt nichts ausmacht, dass er den Vogel nicht fangen kann. Wenn er also nicht etwa lernt, dass man Vögeln nicht nachzujagen braucht, weil die sowieso abheben, sondern wenn er findet, dass der Weg das Ziel ist, und schlicht den Rausch der Geschwindigkeit beim Verfolgen eines sich bewegenden Objekts liebt. Dann gibt es nämlich kaum noch einen Ort, wo keine Jagdgefahr besteht. Es können übrigens schon ein oder zwei Jagderlebnisse reichen, um Lust auf mehr zu machen, was eine mehr oder weniger permanente Pirsch zur Folge haben kann.
Rückblickend würde ich den Welpen möglichst von Anfang an, also sobald er beginnt, sich auf Spaziergängen auch mal einige Meter von mir zu entfernen, an der Schleppleine führen, egal, ob er auch nur andeutungsweise Jagdverhalten zeigt oder nicht. Und man sollte sich auch nicht sicher wähnen, nur weil sich der Junghund noch im Alter von z.B. 9 Monaten abrufen ließ… Der Schleppleinenruck, den ein Welpe oder Jundhund verursacht, dürfte für Herrchen und insbesondere Frauchen auch deutlich weinger unangenehm sein als wenn 25 bis 40 kg durchstarten.